Als Pfadfinder sind wir viel draußen unterwegs. Aber, und jeder der schon einmal Material für ein Lager gepackt oder transportiert hat weiß das, wir sind doch schon mit dem ein oder anderen Luxus unterwegs. Luxus? Ein 5-Sterne Hotel ist eine Jurte auf einem Lager mit Sicherheit nicht, aber dennoch ist das Ein oder Andere dabei, das man weglassen könnte: Strohsäcke oder sogar Sitzbänke, kochen auf großen Gaskochern anstatt auf dem Feuer. Wie ist es, wenn man diesen “Luxus” nicht hat? Wenn man sich auf das Essenzielle beschränkt? 

Am Wochenende vom 21. – 23.06.2024 hat das SuR/Rvival-Seminar in Hösseringen stattgefunden und sich unter anderem mit dieser Frage beschäftigt.  

Tag 1: Freitag – 21.06.2024 Ankunft und Aufbau 

Priorität 1: Shelter bauen. Nach Ankunft auf dem Lagerplatz wurden zunächst das Lager aufgeschlagen, aber anders als sonst nicht mit Jurten und Kothen sondern mit individuellen Sheltern. Eine Kröte, eine Lokomotive, zwei Tarpdächer, eine Hängematte. Fürs Kochen, Programm und zum Aufhalten eine Jurte. 

Nach einer kurzen Lektion in Orientierung, wie finde ich die Himmelsrichtungen heraus, wurden Rollen für das Wochenende verteilt: 

  1. Feuer: Nicht nur, aber vor allem zum Kochen braucht man Feuer. Also muss genug Holz da sein, das gesammelt werden muss. Und ohne Feuerzeug oder Streichholz kann es auch mal länger dauern, bis das Feuer brennt. 
  1. Wasser: Kochen, Trinken, Abwaschen, Händewaschen. Sauberes Wasser braucht man immer. 
  1. Essen: Lange Tage an der frischen Luft machen hungrig, deswegen ist es gut, wenn sich jemand um das Essen kümmert. 
  1. Sicherheit und Hygiene: Mal liegt eine Axt offen herum, ein anderes Mal sind es Essensreste, Zelte müssen nachgespannt werden. 

Jede*r Teilnehmer*in hat eine Aufgabe bekommen, für die er das gesamte Wochenende verantwortlich war. 

Am Abend, nach dem Essen, haben wir über unsere Vorstellungen und Erwartungen für das Wochenende gesprochen und uns besser kennengelernt. Diese durch Rede-Holz moderierten Gesprächsrunden haben wir am Wochenende immer wieder dazu genutzt uns über unsere Gedanken und Gefühle auszutauschen. 

Tag 2: Samstag – 22.06.2024 

Wasser holen, Feuer machen, Frühstück vorbereiten. Ohne die Hilfsmittel, die wir ansonsten auf Lagern genießen, fällt uns schnell auf, dass alles etwas länger als sonst dauert. Aber nachdem auch das, mit etwas Verspätung, geklappt hat, sind wir in den ersten Programmpunkt gestartet: Shelter bauen. 

Aber hatten wir das nicht schon am Tag zuvor gemacht? – Ja, aber! Dieses Mal (fast) ganz ohne Hilfsmittel. Keine Kothenbahnen, keine Tarps, keine Hängematten. Also ab in den Wald und Stöcker sammeln, um das Grundgerüst einer Laubhütte zu bauen. Anschließend Laub sammeln, um die Löcher im Dach zu stopfen und ein „gemütliches“ Bett zu bauen. Und dann? Mehr Laub sammeln! Dann? Noch mehr Laub sammeln. Ich glaube keiner von uns hat davor damit gerechnet wie viel Laub tatsächlich notwendig ist, um einen vernünftigen Shelter zu bauen in welches eine Person im Liegen hineinpasst. Bei der Menge Laub ist das Workout beim Sammeln nicht zu unterschätzen. Zu viert haben wir zwei Laubhütten errichtet. Mit der zweiten sind wir nicht mal ganz fertig geworden und trotzdem haben wir bis zum Mittagessen gebraucht. 

Wasser holen, Feuer machen, Mittagessen vorbereiten. Langsam finden wir uns alle in unsere Rollen ein und brauchen nicht mehr ganz so lange. 

Nach dem Abwasch geht es mit der nächsten Lektion weiter – Feuer. Wie bekomme ich ein Feuer ohne Grillanzünder, Feuerzeug oder Streichholz an? Zunächst die im Vergleich noch einfache Variante mit dem Feuerstahl und etwas Birkenrinde. Es dauert nicht besonders lange, dann haben wir alle ein kleines Feuer mit Hilfe des Feuerstahls entfacht. Also noch eine Stufe weiter, ohne Feuerstahl sondern mit dem Bow-Drill. 

Was ist ein Bow-Drill? Ein Bow-Drill sieht zunächst einem selbst gebastelten Flitzebogen gar nicht so unähnlich. Anstelle eines Pfeils wird aber eine Spindel eingespannt, die mit Hilfe des Bogens schnell auf einem Stück Holz gedreht werden kann, um Reibung und Abrieb zu erzeugen, wobei hoffentlich ein wenig Glut entsteht, die dazu genutzt werden kann ein Feuer anzuzünden. 

Wir haben die Möglichkeit bekommen uns mit zwei leicht unterschiedlichen Bow-Drill-Sets auszuprobieren, dies blieb vorerst erfolglos, sodass wir uns alle dazu entschlossen haben zunächst unser eigenes Set zusammenzustellen und zu basteln. Dann der zweite Versuch, dieses Mal mit etwas mehr Erfolg, zumindest für einen von uns. Nach dem man ein winzig kleines Stück Glut mit dem Bow-Drill zusammengerieben hat, muss dieses in ein Vogelnest ähnliches Gebilde aus staubtrockenem Material und etwas Flausch gelegt, gehegt und gepflegt werden, damit ein Feuer entstehen kann. Das kann gut und gerne auch mal zehn Minuten dauern, bis die Glut das Nest entfacht hat. Mit dem brennenden Nest kann dann endlich nach nervenaufreibenden 15 Minuten das eigentliche Feuer entzündet werden. 

Das mag leicht klingen, blieb aber für einige von uns selbst nach gut fünf Stunden des Probierens und Experimentierens ohne Erfolg.  

Wasser holen, Feuer machen, Abendessen vorbereiten. Wieder ein bisschen besser, ein bisschen schneller. 

Als letzter Punkt für den Abend stand ein Drum-Stalk auf dem Programm. Periodisch schallt ein Trommelschlag durch den dunklen Wald. Mit verbundenen Augen, bei leichtem Regen, alleine durchs Unterholz, dem Trommelschlag folgend bis man die Trommel erreicht hat. Für die meisten von uns eine beruhigende und spirituelle Erfahrung. 

Der Tag geht bei einem kleinen Lagerfeuer in netter Runde zu Ende. Zwei von uns entschieden sich dazu, in den am Vormittag selbstgebauten Laubhöhlen zu schlafen, der Rest hat in den, im Vergleich komfortablen Unterschlüpfen geschlafen. 

Tag 3: Sonntag – 23.06.2024 

Wasser holen, Feuer machen, Frühstück vorbereiten. Am letzten Tag starten wir mit einer ausführlichen Lektion zum Thema Orientierung. Dazu absolvieren wir als erstes eine kleine Übung. Mit verbundenen Augen eine Strecke von ca. 80m möglichst in einer geraden Linie gehen. Die Ergebnisse sind gemischt, manchen gelingt das ganz gut, die Anderen laufen in einer großen Kurve in eine ganz falsche Richtung. In einer anschließenden Diskussion wird erörtert, wie man ohne Hilfsmittel in der Natur auf Kurs bleibt. 

Als letzter Programmpunkt stand eine Achtsamskeitsübung auf dem Plan. Die eigenen Sinne schärfen das Blickfeld erweitern und im Fuchsgang möglichst geräuscharm durch den Wald streifen, um möglichst viel von der Umgebung wahrzunehmen. Bei einer letzten Rede-Holz-Runde schließen wir das gemeinsame Wochenende ab und reflektieren, was wir gelernt haben. 

Abbau – Einpacken – Heimweg 

Nach nur drei Tagen in der „Wildnis“ ist die Dusche ein hervorragender Luxus.

Fotos: Max Herlyn 

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