Zu den wesentlichen Methoden des Pfadfindens gehören Fahrt und Lager. Selbst die Jüngsten in der Kinderstufe erleben Gemeinschaft nicht nur in ihren Gruppenstunden, sondern fahren bereits auf kürzere Freizeiten am Wochenende oder in den Ferien, wobei meist in festen Unterkünften übernachtet wird.
Lager
In der Regel mit Eintritt in die Pfadfinder*innenstufe werden die gemeinsamen Lager zu zentralen Elementen im Jahresrhythmus. Im kleinen Rahmen auf Orts-/Stammes- und Bezirksebene finden sie regelmäßig an Pfingsten, häufig auch in den Sommerferien statt, im größeren jeweils alle vier Jahre als Landes- und Bundeslager.
„Lager finden in der Regel in Zelten (Kohten und Jurten) überdauernd an einem Ort statt. Der Lagerplatz kann für Aktivitäten verlassen werden, abends findet man sich dann aber wieder am Lagerplatz ein. Das feste Lager bietet eine Infrastruktur und Vertrautheit an und gibt einen Rahmen vor. Das Lager beginnt und endet gemeinsam und folgt meistens einer Spielgeschichte. Lager sind insbesondere für Jungpfadfinder*innen eine geeignete Möglichkeit, um Pfadfinder*innentechnik zu üben und mit dem Leben unter freiem Himmel zurecht zu kommen. Hier kann sich die Theorie aus der Gruppenstunde in der Praxis bewähren und er weitert werden. Lagerabläufe werden erlernt und der Zusammenhalt der Gruppe auf die Probe gestellt. Durch Wettbewerbe (z.B. Kohten-Wettbau) kann das gelernte Wissen spielerisch vertieft und gefestigt werden.
Lager finden entweder als reine Gruppenlager oder häufig auch als Stammeslager statt. Stammeslager ermöglichen den Pfadfinder*innen aus dem geschützten Rahmen der kleinen Gruppe heraus das Leben in der Großgruppe kennen zu lernen. Dazu gehört beispielsweise die Rücksichtnahme auf andere Gruppen, das Kennenlernen von Stammesstrukturen sowie die Übernahme von Vorbildfunktionen für Jüngere.“
Fahrt
Wenngleich auch schon in der Pfadfinder*innenstufe kürzere Fahrten am Wochenende oder vom Lagerplatz aus angeboten werden, meist in Form eines Hajks – einer Wanderung mit leichtem Gepäck, häufig mit einer konkreten Aufgabe verbunden, ist die Fahrt eine zentrale Methoden der Ranger*Roverstufe.
„Eine Fahrt zeichnet sich dadurch aus, dass die Gruppe nicht an einem festen Ort bleibt, sondern unterwegs ist. In der Regel schläft die Gruppe dabei jede Nacht woanders und wo man nächtigt, stellt sich häufig erst im Laufe des Tages heraus. Gruppen auf Fahrt haben anders als auf einem Lager keine Infrastruktur und auch keinen Ausgangspunkt für Programm und Aktionen. Fahrt hat dabei nichts mit ‚fahren‘ zu tun: Eine Gruppe auf Fahrt kann zu Fuß, per Rad, Kanu, Inlineskates, Skiern, Draisine oder auch ganz anders unterwegs sein.
Im Rucksack führt man die nötige Ausrüstung (Zelt, Klamotten, Lebensmittel, Werkzeug) mit sich und hat im besten Fall nur das Nötigste dabei, um das Gewicht so gering wie möglich zu halten.
Noch mehr als auf einem Lager heißt ‚auf Fahrt gehen‘: Die gewohnte Umgebung zu verlassen, neue Horizonte zu entdecken, sich aus eigener Kraft fortbewegen. Auch wenn die Fahrt ein festes Ziel hat, so plant die Gruppe nur von Tag zu Tag, um die Route und die Etappen der aktuellen Situation anzupassen, zum Beispiel aufgrund von Wegsperrungen, Witterungsverhältnissen oder dem Konditionszustand der Teilnehmenden.
Wichtig ist, sich auf die Ungewissheit einzustellen: Welchen Weg werden wir gehen? Wo werden wir schlafen? Gibt es dort Wasser? Ist Stangenholz vorhanden? Gibt es Einkaufsmöglichkeiten? Um damit angemessen umgehen zu können, sollte die Gruppe gut vorbereitet sein und bereits über ein belastbares Fundament verfügen.
In vielerlei Hinsicht ist eine Fahrt noch intensiver als ein Lager: Das Zusammenwachsen in der kleinen Gruppe wird durch das intensive Zusammenleben auf einer Fahrt deutlich verstärkt. Die Konflikt- und Teamfähigkeit wird permanent auf die Probe gestellt und durch das gemeinsame Bewältigen von Herausforderungen weiterentwickelt. Jede*r wird für das Erreichen der gemeinsamen Ziele gebraucht und trägt durch das Übernehmen von Aufgaben (wie Wasser organisieren, Einkaufen oder die Routenplanung), aber auch durch das Verhalten in der Gruppe zum Gelingen bei. Widerstände wirken sich auf die gesamte Gruppe aus, die als Ganzes nur so stark ist wie ihr schwächstes Mitglied.
Die Teilnehmenden lernen die anderen, aber auch sich selbst neu und besser kennen, da die Rahmenbedingungen andere sind als im Alltag. Im Laufe einer Fahrt kommt jede und jeder an ihre bzw. seine persönlichen psychischen und/oder körperlichen Grenzen. Wichtig ist, dass die Gruppenleitung diese Grenzen im Blick hat und Rücksicht auf die*den Einzelne*n nimmt und es nicht zu Überforderungen kommt.
Beherrscht die Gruppe ihre Aufgaben und geht ihre Aufgaben vorausschauend an, so erlebt sie eine Freiheit, die im normalen Alltag nicht zu finden ist. Die Gruppe selbst bestimmt den Tagesrhythmus und das Programm.
Sie geht ihren eigenen Weg und kann so ein Abenteuer erleben, das durch Erlebnisse und Begegnungen unvergesslich bleibt (z.B. die Tuchvergabe auf einem Felsen im Elbsandsteingebirge oder die Übernachtung in einer einsamen Schutzhütte an einem See in Schweden). Die Gruppenmitglieder lernen intensiv Unabhängigkeit, Selbstständigkeit und Selbstvertrauen.
Will man das Erlebnis intensiv und unabhängig von äußeren Einflüssen gestalten, so empfiehlt es sich, auf elektronische Begleiter wie Handys (mit Ausnahme eines Notfalltelefons), MP3-Player o.Ä. zu verzichten. Natürlich kann man für das Festhalten von besonderen Momenten eine Kamera dabeihaben. Aber die Erinnerungen der einzelnen Gruppenmitglieder an diese Ereignisse sind etwas was ganz Besonderes, welche nur dieser Gruppe vorbehalten sind und bleiben!“
Zitate aus: Pfadfinder*innenregeln des VCP Bezirk Oldenburg
Zitate und Quellenangabe wurden dem LR-Beschlusses zur geschlechtergerechten Schreibweise entsprechend angepasst und behutsam redigiert.